Schlagwort-Archive: Gazastreifen

Israel im Krieg: Wer ist Freund, wer Feind?

Von Jürgen Dirrigl

Eine israelische Bodenoffensive gegen die Hamas im Gazastreifen ist zu erwarten.  Israel sieht sich inmitten einer Vielzahl von Akteuren. Die Hisbollah im Libanon stellt eine ständige Bedrohung dar. Ägypten spielt eine entscheidende humanitäre Rolle, obwohl es sich bei der Aufnahme von Flüchtlingen zurückhält. Arabische Länder nähern sich Israel an, was historisch gesehen eine positive Entwicklung ist, jedoch auf dem Spiel steht. Der Iran bleibt ein mächtiger Gegner, und die USA stehen fest an Israels Seite. Die EU und die UN haben begrenzte Einflussmöglichkeiten, während Russlands Rolle im Konflikt unklar und volatil ist.

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Diplomatie vs. Invasion: Israels Dilemma im Gaza-Konflikt

Warum die Bodenoffensive bislang ausblieb

Von Jürgen Dirrigl
Artikelbild: by Israel Defense Forces

Die gesamte Welt blickt auf Israel. Die Annäherung mit Saudi-Arabien steht auf dem Spiel. Der Gazastreifen ist ein hochproblematisches Operationsgebiet. Israel blickt zudem auf eine Vielzahl von möglichen Fronten. All dies, machen eine schnelle Bodenoffensive immer unwahrscheinlicher.  

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Palästinensischer Extremismus: Der Islamische Dschihad in Gaza

In Zusammenhang mit dem terroristischen Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel fällt auch der Name „Islamischer Dschihad“. Um welche Organisation handelt es sich? Welche Rolle spielt der PIJ im Gazastreifen? Wie wird die Gruppierung finanziert und welche Auswirkungen hat dies auf die Region? Ein Blick auf die Hintergründe.

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Dunkle Tage in Israel: Überfall der Hamas und die Historie des Nahoskonflikts

Von Jürgen Dirrigl

Die Hamas startet einen verheerenden Angriff auf Israel. Dieser rückt den Nahostkonflikt erneut in den Fokus. Ein uralter Konflikt, geprägt von Gewalt und Spannungen, der die gesamte Region beeinflusst. Israel befindet sich im Kriegszustand, und die komplexen territorialen und religiösen Fragen bleiben ungelöst.

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Israel: Was bleibt von Rabins politischem Erbe?

(Bildquelle: picture-alliance / dpa / S. Nackstrand)

20 Jahre nach der Ermordung des israelischen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin fragen sich viele im Land, wie er heute handeln würde. Daniella Cheslow berichtet aus Tel Aviv.

Am 4. November 1995 sprach Jitzchak Rabin auf dem Platz in Tel Aviv, der heute seinen Namen trägt, zu rund 100.000 Israelis und forderte seine Landsleute auf, das Oslo-Abkommen mitzutragen, ein Interimsabkommen, das eine Zweistaatenlösung vorbereitet hätte. „Der Weg des Friedens ist dem Weg des Krieges vorzuziehen“, sagte Rabin. Als er zu seinem Wagen ging, schoss der Ultranationalist Yigal Amir zweimal aus nächster Nähe auf ihn. Rabin starb wenig später im Krankenhaus.

20 Jahre danach sagt die Knesset-Abgeordnete Sharren Haskel von der konservativen Likud-Partei, wenn Rabin heute noch lebte, hätte er längst seinen Plan aufgegeben, die israelische Macht über das Westjordanland und den Gaza-Streifen zu beenden. „Er war Zionist, und er liebte Israel und Israels Sicherheit, das Land Israel steckte ganz tief in seinem Herzen und Wesen.“

Jitzchak Rabin kämpfte im israelischen Unabhängigkeitskrieg und wurde später Generalstabschef. Als Ministerpräsident war er aber überzeugt, Israel müsse sich vom Westjordanland und dem Gaza-Streifen zurückziehen, um den jüdischen und demokratischen Charakter des Landes zu erhalten. 1994 erhielten Rabin, der damalige Außenminister Schimon Peres, und Jassir Arafat, der damalige Präsident der Palästinensischen Befreiungsorganisation, gemeinsam den Friedensnobelpreis.

Israel rückt nach rechts

Zur Zeit des Rabin-Attentats war Israel in zwei etwa gleich große Lager von liberalen Oslo-Befürwortern und eher konservativen Oslo-Gegnern gespalten. Heute bezeichnen sich nur rund 15 Prozent der Israelis als politisch links.

Nach einer Umfrage der Universität Tel Aviv vom Oktober glaubten fast der Hälfte der befragten jüdischen Israelis und mehr als die Hälfte der arabischen Israelis, die Zweistaatenlösung sei tot. Palästinenser im Westjordanland und dem Gaza-Streifen zeigten sich noch mutloser in dieser Frage. In einer Erhebung des Palästinensischen Zentrums für Politik und Meinungsforschung vom September sagten zwei Drittel, eine Zweistaatenlösung sei unmöglich zu verwirklichen, 51 Prozent waren sogar dagegen.

Die jährliche Rabin-Kundgebung fand dieses Mal vor dem Hintergrund einer Reihe palästinensischer Angriffe auf Israelis mit Messern und Schusswaffen statt. 11 Israelis kamen dabei ums Leben, und mindestens 68 Palästinenser wurden getötet, darunter nach israelischen Angaben 42 Angreifer.
Die Gewaltwelle war im September losgebrochen, als Palästinenser behaupteten, Israel wolle erweiterte jüdische Ansprüche auf das Gelände der Al-Aksa-Moschee geltend machen. Sie gilt als drittwichtigste heilige Stätte des Islam, der Ort wird aber auch von Juden verehrt, weil der erste und zweite jüdische Tempel dort standen. Israel hat seine angeblichen Ansprüche bestritten, doch haben führende israelische Regierungsmitglieder jüdische Aktivisten bei deren Forderung unterstützt, dass Juden auf der Terrasse vor der Moschee und um den islamischen Felsendom beten dürften.
Haskel sagt, als Rabin noch lebte, habe sie sich mit dem Friedenslager identifiziert. „Das war eine ganz andere Zeit“, so die heute 31jährige. „Mein Vater hatte ein Möbelgeschäft, und er nahm mich mit zum Gaza-Streifen, um dort für seinen Laden Ware einzukaufen.“ Heute ist der Gaza-Streifen eine isolierte Enklave, beherrscht von der islamistischen Hamas und abgeriegelt von Israel und Ägypten.

Haskel war Schülerin, als die zweite Intifada begann. Zweimal entging sie knapp Sprengstoffanschlägen auf Busse in dem Vorort von Tel Aviv, wo sie wohnte. Sie meldete sich bei der israelischen Grenzpolizei und nahm an Razzien auf Terrorverdächtige teil, sicherte den Abbruch von deren Häusern und von Demonstrationen in Ost-Jerusalem ab. Haskel sagt, manchmal treffe sie bei solchen Demonstrationen alte Freunde der Bewegung „Frieden jetzt“. „Mir kommt vieles davon heute naiv vor. Sie glauben an eine Art Traum, der sich nicht verwirklichen lässt.“
Neuer Pessimismus
Hagit Ofran ist Aktivistin, die sich gegen den Bau jüdischer Siedlungen in den Palästinensergebieten wendet. „Nichts hat sich geändert. Israel ist noch immer der Besatzer aller Palästinenser. Und die einzige Lösung ohne endloses Blutvergießen besteht in zwei Staaten“, sagt sie.

Ofran leitet „Settlement Watch“, die den Bau israelischer Siedlungen im Westjordanland und Ost-Jerusalem verfolgt und anprangert. 2011 haben Unbekannte den Spruch „Rabin wartet auf dich“ auf die Wand ihres Jerusalemer Hauses gesprüht.

Dennis Ross war während Rabins Regierungszeit amerikanischer Botschafter in Israel. Während der Friedensverhandlungen, so Ross im Deutsche-Welle-Gespräch, habe er gesehen, wie Rabin und Arafat lächelnd und händeschüttelnd miteinander umgegangen seien.

„Es lag ein Gefühl in der Luft, dass vieles möglich ist, ein Gefühl, das nicht nur wir hatten, sondern dass auch Israelis und Palästinenser hatten“, sagt Ross. „Heute fehlt dieses Gefühl auf beiden Seiten und auch in den USA.“

Bildquelle: Reuters
Die Kundgebung am vergangenen Samstag zur Erinnerung an Jitzchak Rabin fand ohne Regierungsmitglieder statt. (Bildquelle: Reuters)

Politische Ambivalenz

Israel hat der Ermordung Rabins am vergangenen Samstag mit einer Kundgebung auf dem Jitzchak-Rabin-Platz gedacht. Die Organisatoren vermieden aber jeden Hinweis auf eine Zweistaatenlösung. Kein Mitglied der Regierung Netanjahu war anwesend.

Die 22jährige Psychologiestudentin Shiri Stern war dabei. Sie sagt, sie glaube nicht an die Schaffung eines palästinensischen Staates. „Was wir von Rabins Tod lernen können, das ist, dass wir gegen Gewalt sein müssen“, sagt sie.

Der 39jährige Event-Manager Michael Gomel sagt, er fühle sich erhaben beki so vielen Teilnehmern. „Es erfüllt mich mit positiver Energie. Dadurch glaubst du, dass alles möglich ist und dass es noch Hoffnung gibt und wir irgendwann einen Frieden erreichen werden.“
Der Geschäftsmann Doron dagegen sagt, er nehme jedes Jahr mit Grauen an der Kundgebung teil. „Leider sehe ich nicht, was sich in näherer Zukunft ändern sollte“, so der 48jährige.

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Israelische Zeitzeugen belasten Armee

(Bildquelle: Getty Images)

Ein Jahr nach dem Gaza-Krieg hat eine Organisation Berichte von israelischen Soldaten veröffentlicht, die an der Operation „Protective Edge“ teilgenommen haben. Die Aussagen setzen die Armee stark unter Druck.

„…manchmal haben wir ein Haus in die Luft gesprengt, weil dort Bomben hätten versteckt sein können. Am Ende haben wir fast die gesamte Nachbarschaft in die Luft gejagt….“ Ein anonymer Augenzeugenbericht eines israelischen Soldaten, der im Sommer 2014 im Gazastreifen gegen die Hamas gekämpft hat. Auch ein anderer beschreibt die Geschehnisse an der Front: „In einem Kampfgebiet gibt es niemanden, der nicht irgendwie involviert ist. Alles innerhalb (des Gazastreifens) ist eine Bedrohung. Und wenn keiner eine weiße Flagge hochhält und schreit ‚ich ergebe mich‘ – dann ist er eine Bedrohung und es gilt die Erlaubnis zum Schießen.“

Die Berichte sind Teil einer neuen Publikation der israelischen Organisation „Breaking the Silence“. Unter dem Titel „Wie wir in Gaza gekämpft haben“ beschreiben 60 Soldaten verschiedener Einheiten und Ränge, wie sie die Kämpfe im Gaza-Streifen erlebt haben. Die Augenzeugenberichte, schreibt die Organisation, würden „ein beunruhigendes Bild der israelischen Armee beschreiben, die (wahllos) Schießbefehle erteilt habe“ und sich „drastisch von ihren bisherigen Einsatznormen entfernt habe.“ Dies habe zu vielen zivilen Opfern auf palästinensischer Seite geführt. „Wir empfinden es als wichtig, in unserer Gesellschaft eine Diskussion darüber anzustoßen“, sagt Avihai Stollar, der das Recherche-Team der Organisation leitet.

„Breaking the Silence“ wurde vor mehr als zehn Jahren von Reservisten und Soldaten gegründet. Seitdem dokumentiert es die Einsätze der israelischen Armee anhand von Aussagen ehemaliger Soldaten. Während des letzten Gaza-Krieges, der im Juli 2014 begann, starben über 2100 Palästinenser. Über die genaue Anzahl der getöteten Zivilisten wird noch immer gestritten. Nach Angaben der Vereinten Nationen starben über 1400 Zivilisten, davon mindestens 500 Kinder. Tausende wurden verletzt. Auf israelischer Seite kamen 66 Soldaten und sechs Zivilisten ums Leben.

Umstrittenes Vorgehen

„Jeder in Israel würde sagen, unsere Armee hegt hohe moralische Standards“, sagt Stollar. Während der Militäroperation „Protective Edge“ hätten Armeesprecher und die Regierung immer wieder den Eindruck erweckt, alles zu tun, um zivile Opfer unter Palästinensern zu vermeiden. „Leider hat die israelische Öffentlichkeit keine Ahnung davon, wie die Vorgaben waren und wie unverhältnismäßig hoch die Feuerkraft war“, sagt der 32-Jährige, der selbst früher in der Armee gedient hat. Schon während des Gaza-Krieges 2008/09 habe es ähnliche Vorgaben gegeben, aber mit jeder neuen Militäroperation werde die rote Linie weiter überschritten.

Die israelische Armee weist die Vorwürfe zurück. Der frühere Kommandant der im Süden stationierten Armeeeinheiten, bezeichnet die Vorwürfe als „falsch“ und „unerhört“. „Die IDF wird hier fälschlicherweise als Mörder bezichtigt“, sagte Zvi Fogel im israelischen Armeerundfunk. Sollte es Vergehen gegeben habe, würden diese bereits von der Armee intern untersucht.

Der Vorwurf von „Breaking the Silence“: Die Bodentruppen seien unter der Vorgabe in den Einsatz geschickt worden, dass in dem einzunehmenden Gebiet keine Zivilisten mehr seien. „Wenn sich dort noch jemand aufhält, dann war klar, dass er nicht dort sein sollte und automatisch als ‚Terrorist‘ identifiziert wird“, berichten die Soldaten. „Es wurde gesagt, ihr seid jetzt in einem Kriegsgebiet, und wenn man auch nur den kleinsten Zweifel habe, dann solle man nicht zögern zu schießen“, beschreibt ein Soldat die Situation.

Evakuierungswarnungen waren nicht ausreichend

„Die Armee hat Vorsichtsmaßnahmen getroffen, um die palästinensische Bevölkerung vor Angriffen zu warnen und sie aufgefordert, die Gebiete zu verlassen. Sie haben Flugblätter abgeworfen, angerufen und SMS an betroffene Familien geschickt“, sagt Michael Sfard, Anwalt und Berater von „Breaking the Silence“. „Aber das bedeutet nicht, dass man deshalb darauf verzichten kann, zwischen Zivilisten und Kämpfern zu unterschieden. Es gab Menschen, die aus den verschiedensten Gründen nicht geflüchtet sind.“

In einer ersten Reaktion hatte das israelische Militär schon vor der Veröffentlichung reagiert. Die Armee fühle sich verpflichtet, heißt es in der Stellungnahme, „jegliche Vorwürfe, die von Medien, Organisationen und von offizieller Seite erhoben werden, die die Haltung der Armee betreffen, nachzugehen und zu prüfen.“ Aber „Breaking the Silence“ habe weder Beweise noch die Augenzeugenberichte vor der Veröffentlichung vorgelegt. Die Veteranen-Organisation weist diesen Vorwurf zurück. In einer Stellungnahme heißt es, man hätte um ein Treffen mit dem Chief of Staff gebeten, um die Berichte vorzulegen.

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Israel: Hilfsorganisationen prangern Lebensbedingungen im Gazastreifen an

(Bildquelle: dpa)

Zahlreiche Hilfsorganisationen fordern eine radikale Änderung der internationalen Politik im Umgang mit dem Gazastreifen. Die Lebendbedingungen der Menschen in dem Küstenstreifen sei sehr schlecht.

Mehr als ein halbes Jahr ist der Krieg im Gazastreifen her und den Menschen geht es in dem Küstenstreifen weiterhin schlecht. 46 Hilfsorganisationen aus der ganzen Welt prangern die Lebensbedingungen im Gazastreifen an und fordern mehr Engagement der internationalen Gemeinschaft im Nahen Osten. In einem am Montag veröffentlichten Bericht kritisieren die Organisationen unter anderem, dass Zusagen für Hilfsgelder nach dem Gaza-Krieg nicht eingehalten wurden: Im Oktober 2014 hatten Drittstaaten bei einer Geberkonferenz in Kairo Hilfen in Milliardenhöhe für den Gazastreifen zugesagt. Doch davon kam bislang kaum etwas an. Auch sei keine langfristige Friedensvereinbarung getroffen worden.

Experten empfehlen Aufhebung von Blockade gegen Gazastreifen

Der Bericht empfiehlt unter anderem eine Aufhebung der Blockade durch Israel und fordert das Land auf, die Gründung eines Palästinenserstaates nicht zu behindern. Auch die palästinensische Führung wird in die Verantwortung genommen.

Während des Gaza-Krieges im Sommer 2014 waren mehr als 2100 Palästinenser und mehr als 70 Israelis ums Leben gekommen. Rund18 000 Häuser wurden zerstört oder schwer beschädigt.

HRW prangert Kinderarbeit in israelischen Siedlungen an

Auch den Palästinenser in den besetzten Gebieten geht es schlecht. In israelischen Siedlungen werden palästinensische Kinder in der Landwirtschaft eingesetzt und ausgebeutet – so das Ergebnis eines Berichts der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW). Von 38 minderjährigen palästinensischen Arbeitern gaben 21 an, die Schule dafür vor Abschluss der zehnten Klasse verlassen zu haben. Der jüngste befragte Tagelöhner war 11 Jahre alt. Die Vollzeit-Beschäftigung von Kindern unter 15 Jahren ist sowohl in Israel als auch in den palästinensischen Gebieten verboten.

HRW hat auch dokumentiert, wie die Anstellung der Kinder zustande kommt: Oft brachten palästinensische Mittelsmänner Siedler und Kinderarbeiter zusammen. Arbeitsverträge würden nicht geschlossen – was es für die Palästinener beinahe unmöglich machte, ihr Recht durchzusetzen. Die Kinder arbeiteten bei großer Hitze, erhielten jedoch keinerlei medizinische Absicherung.

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Israel: Palästina wird Vollmitglied beim Internationalen Strafgerichtshof

(Bildquelle: AFP/Getty Images/A. Momani)

Am 1. April werden die Palästinenser vollwertiges Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. Doch ob es wirklich zu Anklagen gegen Israel kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Anfang März kamen die Mitglieder des Zentralrats der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) zusammen, um über den weiteren Umgang mit der israelischen Regierung zu beraten. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erhielt das Mandat, die Sicherheitszusammenarbeit mit Israel aufzukündigen. Außerdem erhielt er Rückhalt für alle weiteren Schritte, um den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) bei seiner Arbeit in den palästinensischen Gebieten zu unterstützen. Es war wichtig für Mahmud Abbas, eine Organisation wie die PLO im Rücken zu wissen, die für sich beansprucht, für alle Palästinenser zu sprechen. Den Prozess zum Beitritt zum IStGH hatte Abbas einige Wochen vorher bereits in Gang gesetzt.

Es war am Silvesterabend 2014, als der Palästinenserpräsident die Anerkennung der Gerichtsbarkeit des IStGH durch Palästina erklärte. Zwei Tage später legte er das unterzeichnete Ratifizierungsdokument, das sogenannte Römische Statut, den Vereinten Nationen vor, erkannte dessen Zuständigkeit rückwirkend zum 13. Juni 2014 an und setzte damit den Beitrittsprozess Palästinas zum IStGH in Gang. Dieser wird jetzt am 1. April abgeschlossen. Ab sofort ist Palästina ein vollwertiges Mitglied beim Internationalen Strafgerichtshof, der geschaffen wurde, um Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verfolgen.

Israel gegen den Beitritt

Israel reagierte scharf auf die Initiative von Abbas. Außenminister Avigdor Lieberman stornierte die Überweisung von Steuergeldern, die der Palästinenserbehörde eigentlich zustehen. „Aus israelischer Sicht war das eine einseitige Handlungsweise. Die Palästinenser sehen sich hingegen zu einem Gang zur UNO genötigt, weil die bilateralen Verhandlungen bisher immer gescheitert sind“, sagt Margret Johannsen, Konfliktforscherin am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH). Auch Israels Verbündeter, die USA, bezeichneten das Vorgehen als kontraproduktiv. Einige Kongressabgeordnete forderten die Kürzung von Hilfsgeldern für die Palästinenser.

Doch davon haben sich die Palästinenser in ihren Bestrebungen nicht abhalten lassen: Palästina versuche über die Vereinten Nationen sein Profil als Staat öffentlich bestätigen zu lassen, sagt Nahost-Expertin Margret Johannsen. „Es kommt weniger darauf an, ob letztlich jemand verurteilt wird. Es kommt darauf an, dass Kriegsverbrechen aufgearbeitet werden.“ Der IStGH hat nun die gerichtliche Zuständigkeit für Verbrechen, die auf palästinensischem Territorium oder von Palästinensern seit dem 13. Juni begangen wurden. Chefanklägerin Fatou Bensouda sammelt seit Mitte Januar Informationen zur Lage in den palästinensischen Gebieten – auf der Webseite gibt es Informationen über den Ablauf der so genannten „Vorläufigen Untersuchungen zu Palästina“.

„Verschiedene Gruppen, wie zum Beispiel Menschenrechtsorganisationen, werden dazu aufgerufen, ihre Berichte zur Lage der Palästinenser einzureichen“, sagt Valentina Azarov, die an der Birzeit-Universität in Ramallah Internationales Recht mit dem Schwerpunkt Menschenrechte lehrt. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat derweil ein Komitee eingesetzt, das die Anliegen der Palästinenser beim Internationalen Strafgerichtshof verfolgen soll. Das von Chefunterhändler Saeb Erekat geleitete Gremium soll unter anderem Dokumente für den Strafgerichtshof sammeln und weiterleiten, damit Untersuchungen in Gang gesetzt werden können.

Kommt es zu Anklagen?

Doch ob es in Zukunft wirklich zu Prozessen gegen israelische Soldaten, Politiker oder gegen bewaffnete Palästinensergruppen kommt, ist ungewiss. Denn während der vorläufigen Untersuchungen wird sich herausstellen, ob die nötigen Kriterien dafür überhaupt erfüllt werden. Eine der größten Herausforderungen werde es sein, ob Israel mit dem IStGH kooperiert und Zugriff auf nötige Informationen erlaubt, erklärt Valentina Azarov. Das hat Israel aber bereits ausgeschlossen. „Außerdem wird man danach schauen, wie die verschiedenen palästinensischen Institutionen mit Menschenrechtsverstößen in ihren Gebieten umgehen“, sagt sie.

Dabei wird es auch darum gehen, ob die Einheitsregierung, die im April 2014 gebildet wurde, im Stande sein wird, alle nötigen Informationen zusammen zu tragen. Informationen, die auch palästinensische Parteien und Gruppen betreffen, die nicht Teil der Einheitsregierung sind. Die Hamas ist zwar Teil der Einheitsregierung, aber in dem von ihr kontrollierten Gazastreifen operieren viele Gruppen völlig autark. Nur wenn die nötigen Informationen beschafft werden können, können auch Untersuchungen eingeleitet werden. Diese wünschen sich die Palästinenser für den israelischen Siedlungsbau, der ein Hindernis für den Frieden darstellt. Und auch die Ereignisse im Gaza-Krieg 2014 sollen untersucht werden.

Innerpalästinensische Ziele

Der Beitritt der Palästinenser zum IStGH und die möglichen Anklagen haben nicht nur Auswirkungen auf den israelisch-palästinensischen Konflikt. Auch innerpalästinensisch könnten die verschiedenen Parteien ihren Nutzen daraus ziehen.

Die radikalislamische Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, unterstützt das Vorgehen von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Das Risiko, dass sie selbst ins Fadenkreuz gerät, geht sie erklärtermaßen ein. „Es ist sogar denkbar, dass die Hamas in diesem Risiko auch die Möglichkeit sieht, sich ihrerseits gegenüber ihren radikaleren Konkurrenten im Gazastreifen zu behaupten“, sagt Nahost-Expertin Margret Johannsen. Da in den Augen vieler Palästinenser die palästinensischen Milizen den vergangenen Gaza-Krieg gewonnen haben, „wolle Mahmud Abbas als gemäßigter Palästinenser Flagge zeigen“, so Margret Johannsen.

Valentina Azarov unterstreicht aber noch einen weiteren Aspekt, der durch mögliche Untersuchungen zu Kriegsverbrechen ins Spiel kommt: „Drittstaaten könnten ihr Verhalten dadurch in Zukunft ändern.“ Wenn es zu offiziellen Ermittlungen seitens des IStGH komme, dann wären Staaten und auch Institutionen schneller gezwungen, Konsequenzen zu ziehen. Sie sieht darin aber auch eine Chance, ein Ende der Gewaltspirale einzuleiten. Man wolle auf Dauer mit dieser Strafgerichtsbarkeit vor Kriegsverbrechen abschrecken. Beide Seiten müssten so ihr Verhalten überdenken.

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Israel: Trotz Urteil – Brüssel behält Hamas auf Terrorliste

(Bildquelle: TIP/Flickr)

Die EU widersetzt sich einem umstrittenen Urteil des Gerichts der Europäischen Union, wonach die Hamas von der Terrorliste gestrichen werden soll. EurActiv Brüssel berichtet.

Die EU setzte den militärischen Flügel der Hamas im Dezember 2001 auf die erste Terrorliste, die nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erstellt wurde. Zwei Jahre später kam auch der politische Flügel der Hamas auf die Liste.

Doch das Gericht der Europäischen Union (EuG) urteilte im vergangenen Jahr, dass Hamas von der Terrorliste genommen werden soll. Die Entscheidung, Hamas zu sanktionieren basiere auf Medienberichten und nicht auf gründlicher Analyse, befand der EuGH im Dezember. Der Berufungsprozess wird voraussichtlich eineinhalb Jahre dauern.

„Hamas bleibt während der Berufung des Rats auf das Urteil im Dezember auf der Liste“, erklärte Susanne Kiefer, Ratssprecherin auf Twitter.

Hamas verurteilte die Entscheidung der EU. „Diese Entscheidung widerspricht dem Urteil des Gerichts komplett“, sagte Hamas-Sprecher Fawzi Barhum gegenüber AFP.

„Es ist ungerecht und falsch gegenüber unseren Leuten und dem rechtmäßigen Widerstand, und es ermutigt auch die Besatzer, mit ihren Verbrechen fortzufahren“, sagte er mit Verweis auf Israel. „Wir lehnen diese Entscheidung ab, fordern ihre Überprüfung und die Beseitigung aller Formen von Ungerechtigkeit gegen unser Volk und Hamas“, erklärte Barhum.

Zwei andere Gruppen wurden seit der Veröffentlichung der letzten EU-Liste im Juli 2014 zurückgezogen: Die Stiftung für Hilfe und Entwicklung im Heiligen Land, der US-Beamte vorwarfen, Gelder an die Hamas zu lenken sowie Al-Takfir und Al-Hijra, eine ägyptische, islamistische Gruppierung.

Hamas ist seit 2007 im palästinensischen Gaza-Streifen an der Macht. Der Streit um die Listung als Terrororganisation droht die von Brüssel unternommenen Schritte zu untergraben, eine größere Rolle bei der Wiederbelebung des erstarrten Nahost-Friedensprozesses zu spielen.

Hamas bezeichnete die Berufung der EU gegen das Urteil des EuG als „unmoralisch“. Hamas-Gelder in Europa bleiben seit der Entscheidung im Dezember eingefroren.

Israel hingegen kritisierte die ursprüngliche Entscheidung, Hamas von der Liste zu entfernen.

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Israel: Unterricht im Fach Nakba?

(Bildquelle: Cihan)

Die „Nakba“ ist der Begriff für die Vertreibung hunderttausender Palästiner aus ihrer Heimat nach der Staastgründung Israels 1948. Ein ehemaliger Minister fordert jetzt, dass das Thema in allen israelischen Schulen unterrichtet wird.

Die „Nakba“ zählt für die Palästinenser als größte Tragödie in ihrer Geschichte. Übersetzt bedeutet das Wort so viel wie „Katastrophe“ oder „Unglück“ und erinnert an die Vertreibung hunderttausender Palästinenser nach der Gründung Israels 1948. Die Nakba ist damit auch Teil der israelischen Geschichte und soll deswegen auch an den Schulen des Landes unterrichtet werden.

„Ich unterstütze das Unterrichten der Nakba für alle israelischen Schüler. Ich denke nicht, dass ein Schüler im israelischen Schulsystem etwas erreichen kann, wenn 20 Prozent der Schüler eine besondere Geschichte haben, von der er nichts weiß“, wird der ehemalige Bildungsminister Schai Piron in der israelischen Zeitung Haaretz unter Berufung auf den Armeefunk zitiert. Niemand braucht sich vor einem solchen Unterricht zu fürchten, so der ehemalige Minister. „Wenn man etwas lernt, bedeutet das nicht, dass man damit einverstanden ist“.

Folgen der Nakba allgegenwärtig

Immer noch sind die Folgen der Nakba unter den Palästinenser allgegenwärtig. Nach UN Angaben sind 40 Prozent der Palästinenser in den besetzten Gebieten Vertriebene. Im Gazastreifen sind es sogar Zweidrittel. Palästinesische Vertriebene leben auch massenhaft in Jordanien, sowie in Flüchtlingslagern in Syrien und im Libanon. Im Libanon etwa müssen viele noch nach über 65 Jahren immer noch in Flüchtlingssiedlungen leben. Ihnen bleiben staatsbürgerliche Rechte oft verwehrt.

In Israel lehnt man eine Rückkehr der Palästinenser in ihre Dörfer und Städte weiterhin ab, da der „jüdische Charakter Israels“ gefährdet wäre. Auch scheint derzeit ein Palästinenserstaat angesichts des Wahlsieges von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in weiter Ferne gerückt zu sein. Dieser hatte noch vor den Wahlen beteuert, dass es kein Palästina geben werde. Nach den Wahlen hatte Netanjahu seine Aussage zwar relativiert, für die Vertriebenen bedeutet das aber, dass sie vermutlich auch in Zukunft keinen „eigenen Staat“ haben werden, in dem sie sich eine Existenz aufbauen können.

Vertreibung von Palästinensern auch heute

Die Vertreibung von Palästinensern und Zerstörung derer Häuser kommt auch heute immer wieder vor. Zuletzt hatte die israelische Armee in der Negev-Wüste ein Dorf von Beduinen zerstört – zum 82. Mal. Derzeit versuchte man beispielsweise die palästinensische Familie Sub Laban aus der Altstadt von Jerusalem zu vertreiben, schreibt die Onlineplattform „The Electronic Intifada“. Bereits im Februar hatten von der Polizei geschützte Siedler zwei Mal versucht, die Palästinenser aus ihren Häusern zu vertreiben. Derzeit versuchen rund 70 palästinensische, israelisch und internationale Aktivisten vor dem Haus das zu verhindern. Die Sub Laban Familie lebt seit 1953 in diesem Haus.

Auch in den besetzten Gebieten wird immer wieder Land durch die israelische Armee konfisziert, Häuser und Felder zerstört. Vergangene Woche wurden einem Bericht der israelischen Menschenrechtsorganisation „B´Tselem“ zufolge in der Ortschaft Khallet Makul vier Häuser einer palästinensischen Familie zerstört. Zudem wurden in dem Dorf Al-Hadidiyah Felder mit Planierraupen zerstört. In dem Dorf Farisiyah wurden darüber hinaus zwei Wasserzisternen konfisziert. Die 200 Einwohner sind auf diese angewiesen, da sind nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen sind.

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