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Jerusalem – Israels Präsident Benjamin Netanjahu hat das Pilotprojekt zu getrennten Bussen für Israelis und palästinensischen Pendlern nach nur einem Tag wieder aufgehoben. Der Imageschaden wirkt wohl schwerwiegender als gedacht.
Israels neuer Vize-Verteidigungsminister Ben Dahan, ein Ultranationaler aus der Partei Jüdisches Heim, pries Mittwochmittag gerade den Segen für Siedler, von nun an nicht mehr in überfüllten Linienbussen neben Palästinensern sitzen zu müssen. Da erfuhr er zur bitteren Enttäuschung – und das auch noch von einer linken Meretz-Abgeordneten – sein Boss habe nun doch die Meinung geändert. Und so währte das auf drei Monate veranschlagte Pilotprojekt, im öffentlichen Nahverkehr getrennte Busse für Israelis und palästinensische Pendler einzuführen, vorerst nur einen Tag.
Die Entscheidung kam von höchster Stelle. Premier Benjamin Netanjahu hatte seinem Parteifreund, Verteidigungsminister Mosche Jaalon, bedeutet, das kontroverse Programm müsse auf der Stelle suspendiert werden. Die empörten Reaktionen auf das am Vortag in aller Stille realisierte Vorhaben, Palästinensern die Benutzung israelischer Busse zu untersagen, ließen daran keinen Zweifel: Der Imageschaden für Israel war enorm. Zumal sich das Land seit Jahren gegen Vorwürfe wehrt, es sei mit seiner Besatzungspolitik in den palästinensischen Gebieten auf bestem Wege, ein Apartheid-Staat zu werden.
Auf einmal hörte man solche Beschuldigungen sogar aus dem Munde israelischer Oppositionspolitiker, die die neue Bus-Vorschrift rassistisch nannten und mit der Segregationspolitik verglichen, wie sie einst in Südafrika üblich war. Eine solche Trennung von Arabern und Juden sei eine „Demütigung“ und werde „nur neuen Hass auf Israel in der Welt entflammen“, verkündete Oppositionschef Itzchak Herzog.
Weitreichende Einschränkungen
Die Anweisung aus dem Verteidigungsministerium beschränkte sich auch nicht allein auf ein Verbot für in Israel arbeitende Palästinenser, bei der Heimreise ins Westjordanland Siedlerbusse zu benutzen. Sie verlangte von ihnen zusätzlich, über denselben Checkpoint zurückzukehren, über den sie eingereist waren, um sich dort jeweils registrieren zu lassen.
Der Plan hätte die Reisezeiten für die Betroffenen um täglich bis zu zwei Stunden verlängert. Die Begründung, das Ganze diene der israelischen Sicherheit, überzeugt schon deshalb nicht, weil Palästinenser eine israelische Arbeitserlaubnis erst nach akribischer Überprüfung bekommen.
Wer auf israelischen Baustellen schuftet, in israelischen Supermärkten einkauft, kann mithin kaum ein Sicherheitsrisiko sein, wenn er im israelischen Bus heimfährt. Die einflussreiche Siedlerlobby hatte dagegen eingewandt, Araber im Bus erhöhten die Gefahr sexueller Belästigung für israelische Frauen und verbreiteten eine „unangenehme Atmosphäre“.
Rivlin erleichtert
Jetzt ist die Sache bis auf weiteres vom Tisch, worüber sich nicht zuletzt Staatspräsident Reuven Rivlin, ein Protagonist jüdisch-arabischer Koexistenz, erleichtert äußerte. Besser wäre allerdings gewesen, so Rivlin, manche der „unerfreulichen Stimmen für Separation“ wären gar nicht erst laut geworden. Schließlich wird auf internationaler Ebene derzeit sehr genau beobachtet, was Israels neue rechtsreligiöse Regierung im Umgang mit dem palästinensischen Konflikt unternimmt. Bereits die Ernennung von Innenminister Silwan Schalom, ein erklärter Gegner der Zwei-Staaten-Lösung, zum Regierungsbeauftragten für den (nicht existenten) Friedensprozess, dämpft Hoffnungen auf neue Verhandlungen. Reihenweise haben sich dennoch europäische Außenpolitiker angesagt, die genau darauf drängen wollen. Die Vorhut machte am Mittwoch EU-Außenpolitikchefin Federica Mogherini. „Der Status quo ist keine Option“, betonte sie in ihren Gesprächen in Jerusalem.