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Ein Brief aus dem Jemen: „Wir haben gelebt wie Du in Deutschland“

„Es steht noch eine halbe Wand, dort, wo unsere Küche war. Wir hatten dort 20 Jahre gelebt, waren zufrieden. Hatten alles: Kinder, Arbeit, ein Auto…“

Abdul Nafi‘ steht ganz hinten in der Schlange. Sein Blick ist auf den Boden gerichtet. Der hagere Mann wirkt abwesend und unendlich verletzlich. Seine linke Hand umklammert einen riesigen gelben Kanister. Er steht wie all die anderen an, um an diesem Wochenende Wasser zu haben. Und er wird hier noch drei Stunden stehen – mindestens. Das ist Sanaa im April 2017. Das ist der #Jemen heute: Gescheitert und vergessen.

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Kampf gegen IS in Syrien: USA fühlen sich von arabischen Alliierten im Stich gelassen

(Bildquelle: Yahya Arhab / EPA / keystone)

US-Militärs beklagen ein zurückgehendes Engagement der arabischen Verbündeten im Kampf gegen den IS in Syrien. Stattdessen sind die Partnernationen verstärkt im Jemen aktiv.

Vor einem Jahr entsandten arabische Verbündete der USA ihre Luftstreitkräfte nach Syrien, um den «Islamischen Staat» (IS) zu bekämpfen. Seite an Seite wollten US-Militärs und die Partnernationen durchgreifen. Wochenlang hatten sich der US-Präsident Barack Obama und sein Aussenminister John Kerry bemüht, eine internationale Koalition gegen die Dschihadisten zu schmieden. Doch inzwischen hat der Elan der Alliierten offenbar bedenklich nachgelassen.

«Sie sind alle mit anderen Dingen beschäftigt», sagte Generalleutnant Charles Q. Brown Jr. jetzt der «New York Times». Brown leitet den Luftkrieg von einer 60 Millionen Dollar teuren Militärbasis in Qatar aus.

Der Zeitung zufolge stehen die Vereinigten Staaten mit ihrem Aufgebot von zwei Dutzend Kampffliegern für die Türkei und dem Versuch, mit Spezialtruppen die Rebellen in Syrien zu unterstützen, derzeit vorwiegend allein da. In der Obama-Administration herrsche Resignation, weil die arabischen Partner Schritt für Schritt den US-Amerikanern den Luftkrieg überlassen hätten.

Fokus verschiebt sich auf Jemen

Der Grund? Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate hätten die meisten ihrer Flugzeuge in den Jemen verlegt, wo sie gegen die vom Iran unterstützen schiitischen Huthi-Rebellen kämpfen. Auch Jordanien hätte sein Engagement in der Region verstärkt.

Das Königreich Bahrain hatte im Februar zuletzt einen Angriff in Syrien geflogen, Qatar betreibt ohnehin nur Luftraumbeobachtung. Die Vereinigten Arabischen Emirate flogen laut «New York Times» zuletzt im März Lufteinsätze, Jordanien im August und Saudi-Arabien im September.

«Jordanien steht fest zu seinen Verpflichtungen in diesem Kampf», sagte eine Sprecherin der jordanischen Botschaft in New York. «Wir bleiben aktive Partner und Mitwirkende der internationalen Koalition und werden auch weiterhin Luftschläge gegen IS-Ziele ausführen.»

Brown fordert Entgegenkommen

Das Engagement westlicher und arabischer Alliierter im Irak scheint um einiges höher zu sein als in Syrien. Laut «New York Times» entfallen nur fünf Prozent der insgesamt etwa 2700 Luftschläge in Syrien auf die Alliierten, aber 30 Prozent der 5100 Einsätze im Irak, wo die Nato-Partner den Islamischen Staat bekämpfen.

Brown regte an, den Stillstand zu beheben, indem man den Verbündeten auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik stationierte Flugzeuge zur Verfügung stellt. Von dort aus sind es nur 15 Flugminuten bis zur syrischen Grenze. Generell sei die Entsendung von mehr Aufklärungs- und Überwachungsflugzeugen nach Incirlik geboten.

Die Zahl der militärischen Ziele – Ölförderanlagen, Waffenfabriken, und andere Einrichtungen, die den IS unterstützen – steigt offenbar beständig: Im vergangenen Monat bombardierten die US-Streitkräfte demnach bei 67 Prozent der Einsätze diese Ziele.

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Golfmonarchien leiden unter Ölpreisverfall

(Bildquelle: picture-alliance/dpa)

In den Golfstaaten herrscht große Angst. Der Absturz der Ölpreise zwingt sie zu tiefgreifenden Wirtschaftsreformen. Die Frage ist: Wie viel Reformwillen gibt es in einer absoluten Monarchie?

In den arabischen Ölstaaten am Golf sind zurzeit zahlreiche Sparmaßnahmen im Vormarsch. In den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kuwait wurden Subventionen reduziert und die Preise für Brennstoffe angehoben. Und die Saudis lösen seit März dieses Jahres dutzende Milliarden US-Dollar von ihren Währungsreserven auf und verkaufen Staatsanleihen für weitere Milliarden, um die Löcher der öffentlichen Haushaltsdefizite zu stopfen. Der Rückgang der Erdölpreise, um mehr als 60 Prozent seit dem Sommer des vergangenen Jahres, treibt diese Defizite in die Höhe.

Die Haushalte der arabischen Ölstaaten, Saudi Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait, Katar, Bahrain und Oman sind praktisch alle von den Öleinnahmen abhängig. Der ölfinanzierte Anteil am Staatshaushalt schwankt zwischen gut 80 Prozent in Saudi Arabien bis rund 45 Prozent in Oman.
Diese Abhängigkeit vom Ölpreis macht die Herrscher zunehmend nervös. In seiner neusten Rede vor dem Parlament verlangte der Emir von Kuwait, Scheich Sabah Al-Ahmad As- Sabah, ungewöhnlich entschieden „schnelle und ernste Wirtschaftsreformen, um die Diversifizierung der Wirtschaft voranzutreiben und neue Finanzquellen zu erschließen.“

Saudi Arabien mehr betroffen

Saudi Arabien ist dabei vom Rückgang der Erdölpreise am stärksten betroffen. Wie alle anderen arabischen Golfstaaten subventioniert das Land jährlich zahlreiche Grundbedürfnisse wie Brennstoffe, Strom und Wasser und mit Dutzenden von Milliarden US-Dollar. Mit fast 30 Millionen Einwohnern, also mehr als die gesamte Bevölkerung aller anderen Golfstaaten ausmacht, ist die Belastung deshalb umso größer.

Zusätzlich führen die Saudis den Krieg im Jemen und tragen der Hauptlast für dessen Kosten. Außerdem zahlt Riad jährlich Milliarden US-Dollar zur Finanzierung islamistischer und militanter Bewegungen, sowie an verbündete Regierungen in Ägypten, Marokko, Jordanien, Pakistan, Jemen etc. Last but not least hat Saudi Arabien sich in den letzten Jahren zu einem der größten Käufer von Waffen weltweit entwickelt.

Laut Internationalem Währungsfonds (IWF) werden die Geldreserven Saudi Arabiens in Höhe von etwa 670 Milliarden US-Dollar in fünf Jahren verbraucht sein, wenn die Ölpreise weiterhin unter 50 Dollar je Barrel bleiben. Anfang dieses Jahres lagen sie noch bei etwa 750 Milliarden Dollar. Falls die Preise auf dem jetzigen Niveau verharren, werden die arabischen Golfstaaten innerhalb der nächsten fünf Jahre mit einem Defizit in Höhe von mindestens einer Billion, also 1000 Milliarden Dollar, zu kämpfen haben.

Für manche Experten wie Nail Aljoabra scheint dies allerdings kein Grund zur Sorge zu sein. In einem Interview mit DW Arabia sagte der Finanzexperte aus den Emiraten: „Die Golfstaaten können Dank ihrer gewaltigen Geldreserven und weiteren Maßnahmen wie Preiserhöhungen für Brennstoffe die Defizite bewältigen“.

Welche Reformen sind notwendig?

Seit dem ersten großen Ölpreisrückgang in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts wird in den arabischen Golfstaaten immer lauter von der Notwendigkeit einer Diversifizierung der Wirtschaft gesprochen. Abgesehen von einigen Erfolgen in den Bereichen Tourismus, Finanzdienstleistungen und dem Export von Konsumgütern in Dubai, Bahrain und Oman drehen sich die Wirtschaften dieser Staaten immer noch hauptsächlich um Einnahmen aus dem Ölgeschäft.

Die bisherigen Bemühungen der Diversifizierung wurden stets eingestellt, weil sich der Ölpreis schnell erholte. Eine solche Erholung scheint beim jetzigen Preisrückgang bisher nicht in Sicht – und dafür sprechen viele Gründe. Obwohl der Ölmarkt übersättigt ist, überschwemmen ihn der Iran, Irak, die USA, Saudi Arabien und andere Ölproduzenten mit immer mehr Rohöl. Diese hohen Ölreserven bei den größten Konsumenten und die langfristige Schwäche des globalen Wirtschaftswachstums drücken die Preise nach unten. Der internationale Währungsfonds spricht sogar von der Möglichkeit eines Preisrückgangs bis auf 20 US-Dollar je Barrel.

Eliten als Bremser

Die arabischen Golfstaaten stehen damit mit aller Wahrscheinlichkeit vor den größten zwingenden Wirtschaftreformen ihrer Geschichte. Dabei werden Maßnahmen wie der Abbau von Subventionen, Preiserhöhungen und der Griff in die Währungsreserven nicht ausreichen. Die einseitigen Wirtschaften dieser Länder benötigen darüber hinaus weitere umfassende Schritte.

Auf der Liste müssten sozial gerechte Steuersysteme, rechtliche Rahmenbedingungen für die Förderung privater Initiativen, menschenwürdige Arbeitsverhältnisse für ausländische Arbeitskräfte, ein attraktives Investitionsklima für ausländische Investoren und der Abschied von kostspieligen Prestigeprojekten stehen – etwa die Skylines für Büro- und Wohnflächen, und riesige Flughäfen.

Die Frage ist jedoch, ob Wirtschaftsreformen, die auf mehr Freiheit und Eigenständigkeit zielen, auch ohne entsprechende politische Reformen funktionieren können. Zwei deutsche Professoren haben diese Frage in ihrem Buch „The Economics and Politics of Transition to an Open Markt Economy – Egypt“ untersucht. Dabei zeigen Dieter Weiss, ehemaliger Professor der Wirtschaften im vorderen Orient an der FU Berlin und sein Kollege Ulrich Wurzel, wie in den achtziger und neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts Wirtschaftsreformen in Ägypten am Widerstand der politischen Eliten gescheitert sind.

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Jemen: Huthi-Rebellen bereit zu Verhandlungen

(Bildquelle: picture-alliance/AA/M. Hamoud)

Die UN haben die Kriegsparteien des Jemen zu Friedensgesprächen nach Genf eingeladen. Die schiitischen Huthi-Rebellen erklären sich dazu bereit, von der Exil-Regierung kommen widersprüchliche Signale.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon will endlich eine Wende schaffen. Nach der erneuten Eskalation des Bürgerkriegs im Jemen sollen nächste Woche Friedensgespräche beginnen. Ban lud die Konfliktparteien zum 28. Mai nach Genf ein. Das Echo auf seine Initiative gab trotz erster Konfusion Anlass zu vorsichtiger Hoffnung.

Die schiitischen Huthi-Rebellen zeigten sich offen für Verhandlungen über eine politische Lösung. Alle revolutionären Kräfte des Landes seien bereit zu einem Dialog unter UN-Schirmherrschaft in einem neutralen Staat, verkündete Rebellenchef Abdelmalik al-Huthi in einer Fernsehansprache. Er warf zugleich Saudi-Arabien vor, keine politische Lösung des Konflikts anzustreben.

Unannehmbare Bedingungen?

Die jemenitische Exil-Regierung in Saudi-Arabien stellte in einer ersten Antwort Bedingungen für ihre Teilnahme an den Gesprächen. Unter anderem müssten sich die aufständischen Huthi erst einmal aus den umkämpften Städten zurückziehen, verlangte etwa Außenminister Rejad Jassin in einer Stellungnahme aus Riad. Jassin gehört der entmachteten, aber international anerkannten Regierung des südarabischen Landes an. Der Vertreter Jemens bei den Vereinten Nationen, Khaled Alyemany, erklärte hingegen später, das Kabinett von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi werde in Genf auf jeden Fall hochrangig vertreten sein, eventuell durch den Vizepräsidenten.

Eine von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition bombardiert seit Ende März Stellungen und Waffenlager der Huthis. Eine fünftägige Waffenruhe war nur aus humanitären Gründen vereinbart worden, um Hilfsgüter ins Land zu bringen und Kranke zu versorgen. Eine diplomatische Initiative war damit nicht verbunden.

Über Diplomatie zu neuer Stabilität

Mit den Genfer Gesprächen solle der „Impuls für einen jemenitisch-geführten politischen Wandel wiederhergestellt“ werden, hieß es bei den UN in New York. „Der Generalsekretär drängt alle Parteien, sich in diesen UN-Beratungen in gutem Glauben und ohne Bedingungen zu engagieren. Die einzige dauerhafte Lösung der Krise im Jemen ist eine umfassende, politische Einigung“, so die Erklärung.

Schon einmal habe das Land auf den Weg zu mehr Stabilität gebracht werden können.

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Nach Waffenruhe wieder Luftangriffe im Jemen

(Bildquelle: AFP/Getty Images/F. Nureldine)

Nach dem Ende der fünftägigen Waffenruhe im Jemen hat die von Saudi-Arabien geführte Militärallianz ihre Luftangriffe auf Huthi-Rebellen fortgesetzt. Die Forderung nach einer Verlängerung der Feuerpause blieb ungehört.

Ziele der Luftschläge auf Stellungen in der Stadt Aden waren der von den schiitischen Rebellen besetzte Präsidentensitz und ein Stützpunkt von mit den Huthis verbündeten Einheiten, wie Militärvertreter und Augenzeugen berichteten. Die Feuerpause war um 22.00 Uhr MESZ zu Ende gegangen.

Der UN-Sondergesandte Ismail Ould Cheikh Ahmed hatte zuvor bei einem Jemen-Krisentreffen in Riad dazu aufgerufen, die Feuerpause um mindestens fünf weitere Tage zu verlängern. „Wir verlangen die Einstellung aller Kampfhandlungen und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe“, erklärte der mauretanische Diplomat in der saudischen Hauptstadt.

Die Militärallianz unter Führung Saudi-Arabiens hatte die Feuerpause angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Jemen ausgerufen. Sie galt von Dienstagabend bis Sonntagabend.

Hilfslieferungen nicht überall angekommen

Die Luftangriffe waren für diese Zeit ausgesetzt worden, am Boden wurde jedoch auch am Wochenende vereinzelt gekämpft. Dabei wurden etliche Menschen getötet. So kamen bei einem Angriff der Huthi-Rebellen nahe der drittgrößten Stadt Taes nach Behördenangaben in der Nacht zum Sonntag 14 Zivilisten ums Leben. In in der Nacht zuvor waren laut Armee und Einwohnern bereits 26 Rebellen und 14 Soldaten getötet worden.

Während in einigen Teilen Jemens bereits Hilfslieferung eintrafen, warteten die Menschen in Taes weiter auf Nahrung, Treibstoff und medizinische Ausrüstung. „Die humanitäre Hilfe hat Taes noch nicht erreicht“, sagte ein Regierungsvertreter. Auch andere Landesteile blieben vorerst von ausreichenden Hilfslieferungen abgeschnitten.

Ein vom Iran entsandtes Schiff mit Hilfslieferungen erreichte unterdessen trotz Warnungen der USA den Golf von Aden und soll laut iranischen Medienberichten am Donnerstag im Hafen einlaufen. Washington hatte die Besatzung aufgefordert, stattdessen ein UN-Versorgungslager im nahegelegenen Dschibuti anzusteuern. Saudi-Arabien wirft dem Iran vor, die Huthis mit Waffen zu unterstützen. Teheran bestreitet dies.

Huthis boykottieren Krisentreffen

Jemens Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi hatte vor dem Krisenttreffen in Riad erklärt, dieses stehe allen Parteien offen. Während die Huthi-Rebellen die Gespräche boykottierten, hatten Anhänger des 2011 gestürzten Präsidenten Ali Abdullah Saleh ihre Teilnahme zugesagt. Militäreinheiten Salehs zählen zu den Verbündeten der Huthis. Direkte Gespräche mit Saleh wurden aber bereits im Vorfeld ausgeschlossen.

Die sunnitisch-arabische Militärallianz unter Führung Saudi-Arabiens hatte am 26. März Luftangriffe gestartet, um den Vormarsch der schiitischen Huthis zu stoppen und dem nach Riad geflohenen Präsidenten Hadi zurück an die Macht zu verhelfen.

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Fünf Tage Feuerpause im Jemen beginnt – Hoffnung auf Hilfe

(Bildquelle: dpa)

Sanaa – Fünf Tage lang sollen im südarabischen Land Jemen die Waffen schweigen. Die Not der Bevölkerung soll gelindert werden. Die Hilfsorganisationen stehen in den Startlöchern, verlangen aber eine dauerhafte Einstellung der Kämpfe.

Im Jemen ist am späten Dienstagabend (22.00 Uhr MESZ) eine fünftägige humanitäre Feuerpause in Kraft getreten. Nach berichten aus dem Land schienen sich die Konfliktparteien zunächst daran zu halten. Die vorübergehende Einstellung der Kampfhandlungen war von Saudi-Arabien Ende letzter Woche angekündigt worden. Die schiitischen Huthi-Rebellen hatten sich zur Einhaltung der Waffenruhe bereit erklärt.

In dem südarabischen Land kämpfen Huthi-Rebellen gegen Anhänger des nach Riad geflohenen Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi. Eine von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition bombardiert seit Ende März Stellungen und Waffenlager der Huthis. Nach UN-Angaben kamen seitdem 1500 Menschen ums Leben, unter ihnen mindestens 646 Zivilisten. Die Feuerpause soll vor allem dazu dienen, um Hilfslieferungen für die unter Krieg und Bombardierungen leidende Bevölkerung auf den Weg zu bringen.

Luftwaffen-Angriffe bis kurz vor der Waffenruhe

Am Dienstag flog die saudische Luftwaffe praktisch bis zur letzten Minute vor der Waffenruhe schwere Angriffe auf Ziele in Sanaa, Tais und Ibb. Beim Bombardement eines Waffenlagers in der Hauptstadt Sanaa wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums mindestens 19 Menschen getötet und 209 weitere verletzt. Die Huthi-kontrollierte Nachrichtenagentur Saba hatte von 90 Todesopfern gesprochen.

Gleichfalls am Dienstag traf der neue UN-Sondergesandte für den Jemen, Ismail Ould Cheikh Ahmed, in Sanaa ein. Der mauretanische Diplomat wolle mit Vertretern verschiedener Seiten, darunter mit jenen der Huthis, über eine Friedenslösung sprechen, erklärte ein UN-Sprecher in New York. Ahmed war im Vormonat ernannt worden, nachdem sein Vorgänger, der Marokkaner Jamal Benomar, zurückgetreten war.

Fünf Tage Waffenruhe laut Hilfsorganisationen zu kurz

Internationale Hilfsorganisationen erwarten sich von der Waffenruhe, dass sie endlich die notleidende Bevölkerung erreichen können. Zugleich betonen sie, dass fünf Tage nicht ausreichen würden und verlangen die permanente Einstellung aller Kampfhandlungen und der von der saudischen Allianz verhängten Seeblockade.

Mehr als 80 Prozent der im Jemen benötigten Lebensmittel müssen importiert werden, erklärte die britische Hilfsorganisation Oxfam.

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Die Golfstaaten rüsten massiv auf – diese Gefahren birgt der tödliche Wettstreit

(Bildquelle: kcna/Reuters)

Die arabischen Golfstaaten sind auf Shopping-Tour: So viel wie nie geben Saudi-Arabien und Co. für westliche Raketen und Kampfjets aus. Die Waffen werden immer ausgefeilter – und befeuern die Konflikte in der Region.

Für die Rüstungsindustrie läuft es derzeit blendend im Nahen Osten. Kaum ein Monat vergeht ohne arabische Bestellungen. Vergleichsweise bescheiden klangen da noch die Wünsche aus Jordanien, Ägypten oder dem Irak an amerikanische Rüstungsfirmen, die das US-Verteidigungsministerium absegnete – ein Blackhawk-Helikopter, Munition, Hellfire-Raketen. Wert: knapp 500 Millionen Euro.

Wenn die ölreichen arabischen Golfstaaten einkaufen, geht es dagegen meist gleich um Milliarden. Katar unterzeichnete im April eine Bestellung über 24 französische Rafale-Kampfjets im Wert von rund 6,3 Milliarden Euro. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) haben im Februar auf der IDEX-Waffenmesse in Abu Dhabi im Wert von rund 4 Milliarden Euro eingekauft.

Diese Grosseinkäufe sind typisch, drei Trends zeichnen sich ab:

  • Rekord-Ausgaben: Die sechs Mitgliedstaaten des Golf-Kooperationsrats (siehe Karte) geben mehr für Rüstung aus denn je. Zwischen 2011 und 2014 haben sich ihre Ausgaben fast verdoppelt – von rund 2,5 Milliarden Euro auf 4,5 Milliarden Euro laut dem Stockholmer internationalen Friedensforschungsinstitut (Sipri). Der Militäranteil ihrer Haushaltsbudgets ist gleichzeitig von 3,4 Prozent auf 4,0 Prozent gestiegen, wie Zahlen des militärwissenschaftlichen britischen Fachverlags IHS Jane zeigen.
  • High-Tech: Die ölreichen Staaten der Arabischen Halbinsel haben sich seit jeher für die aktuellste Militärtechnik interessiert. Ihre jüngsten Grosseinkäufe konzentrieren sich neben Kampfjets auf die neusten Luftraketenabwehrsysteme, High-Tech-Überwachungssatelliten und -Drohnen. Erstmals bekommen sie von den USA so moderne Technik, wie sie bisher nur engsten US-Partnern vorbehalten war, etwa Nato-Ländern oder Israel. Die VAE etwa sollen bald «Predator»-Drohnen zur Aufklärung bekommen, allerdings ohne Bewaffnung. Der F-35 Kampfjet bleibt zum Ärger der Araber weiterhin Israel vorbehalten.
  • Tödlicher Einsatz: Bisher haben die Mitglieder des Golf-Kooperationsrats ihr hochgerüstetes Militär selten eingesetzt. Ihre Luftwaffen waren «nationale Flugvereine», spottete Richard L. Aboulafia, ein Rüstungsanalyst, zuletzt gegenüber der «New York Times». Das hat sich in den vergangenen zwölf Monaten drastisch geändert: Ihre Kampfjets bombardieren Ziele in Syrien und im Jemen, und haben auch in den Bürgerkrieg in Libyen eingegriffen.

Warum die Golfstaaten aufrüsten:

Craig Caffrey, Rüstungsausgaben-Experte beim Fachverlag IHS Jane, vermutet vier Gründe hinter dieser Entwicklungen:

  • Iran: Die arabischen Golfstaaten fühlen sich durch Irans Atomprogramm bedroht, ebenso durch Teherans massive militärische Interventionen in der Region etwa in Syrien und im Irak.
  • Unsicherheit: Ihre gesamte Nachbarschaft ist instabiler geworden. Die Bürgerkriegsländer Jemen und der Irak grenzen an; Syrien und Libyen sind nicht weit entfernt.
  • Rückzug des Westens: Die USA und Grossbritannien wollen sich weniger stark im Nahen Osten engagieren und mehr auf örtliche Partner setzen. Die arabischen Golfstaaten schicken sich nun an, von ihnen die Rolle des «Polizisten» in der Region zu übernehmen.
  • Geldschwemme: Die hohen Öl-Preise hatten zwischen 2008 und 2014 die Kassen der Golfstaaten gefüllt. Diese Entwicklung ist vorerst gestoppt. Wegen des niedrigen Öl-Preises müssen nun auch die Golfstaaten stärker auf ihr Budget achten.

Geliefert werden die Rüstungsgüter an die Golfstaaten vor allem aus dem Westen. 2014 fiel die Hälfte der Ausgaben auf US-Rüstungsfirmen.

Doch das Aufrüsten bringt erhebliche Risiken mit sich:

  • Zivile Opfer: Die Golfstaaten werden von autoritären Regierungen geführt, die kaum zur Rechenschaft verpflichtet sind. Humanitäre Bedenken müssen meist hinter den strategischen Zielen zurückstecken. Im Jemen etwa leidet die Bevölkerung erheblich unter den saudi-arabischen Luftangriffen. Nicht auszuschliessen ist auch, dass sie ihr Militär gegen die eigenen Bürger einsetzen.
  • Wettrüsten: Beispiel für eine Kettenüberreaktion: Die Golfstaaten kaufen Luftabwehrsysteme aus Sorge vor Iran. Iran wiederum fühlt sich vom Westen und den Golfstaaten bedroht. Nun will Iran ein modernes Luftabwehrsystem von Russland kaufen, obwohl dies ein Uno-Embargo verbietet. In Reaktion auf Irans Atomprogramm warnte ein saudischer Prinz, dass nun auch sein Land über nukleare Aufrüstung nachdenke.
  • Proliferation: Iran liefert Waffen an seine Verbündeten – etwa in Syrien, im Irak, im Sudan, im Jemen, im Libanon, in Gaza. Die arabischen Golfstaaten wollen dagegen halten und unterstützten ihre Verbündeten mit Geld und teils auch mit Waffen in Syrien, in Ägypten, in Libyen, im Jemen, im Libanon.

Trotz der Risiken halten die USA an der Aufrüstung der Golfstaaten fest. US-Präsident Barack Obama will so ein neues Gleichgewicht schaffen: Im Juni könnte ein internationales Atom-Abkommen mit Iran zustande kommen. Für den 13. und 14. Mai hat Obama die Mitglieder des Golf-Kooperationsrats ins Weisse Haus eingeladen.

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Doch keine Feuerpause in Jemen?

(Bildquelle: AMEPRES/euronews-screen/mag)

Die schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen und die saudischen Streitkräfte haben sich entlang der gemeinsamen Grenze mit Raketen beschossen.

In der saudischen Grenzstadt Nadschran starb ein pakistanischer Gastarbeiter im Artilleriefeuer der Huthis. Panzer wurden zur Verstärkung an die Grenze zum Jemen verlegt.

Nach saudi-arabischen Luftangriffen auf die jemenitische Hauptstadt Sanaa kam es in den Bergen über Sanaa zu einer heftigen Explosion. Offenbar trafen die Saudis ein Raketendepot.

Saudische Kampfflugzeuge bombardierten darüber hinaus Huthi-Stellungen in der Stadt Tais und in der Provinz Marib. Die Rebellen schossen nach eigener Darstellung ein marokkanisches Kampfflugzeug ab.

In der südjeminmitischen Hafenstadt Aden rückten die Aufständischen trotz der saudischen Luftangriffe weiter vor. Die Bewohnerdes Stadtteils Dar Saad machen sich nach den Gefechten ans aufräumen. Vor allem Benzin und andere Treibstoffe sind äußerst knapp.

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Artillerieduelle an der Grenze vom Jemen zu Saudi-Arabien

(Bildquelle: Reuters/Stringer)

Kairo/Rabat – Einen Tag vor der geplanten Feuerpause im Jemen haben sich saudiarabische Truppen und Huthi-Rebellen am Montag über die Grenze hinweg heftige Artillerieduelle geliefert.

Die Huthis feuerten nach eigenen Angaben Raketen und Granaten auf die Städte Dschisan and Nadschran. Zuvor habe Saudi-Arabien mehr als 150 Raketen auf die jemenitischen Provinzen Saada und Hadschdschah geschossen. Außerdem hätten saudiarabische Kampfflugzeuge Stellungen der Huthis in der Stadt Tais und in der Ölprovinz Marib östlich von Sanaa angegriffen. Informationen über Opfer gab es nicht. Medienberichten zufolge verlegte Saudi-Arabien Panzer an die Grenze zum Jemen. Der Sender Al Arabija Hadath TV zeigte eine Kolonne von Militärtransportern mit Panzern.

Seit mehr als sechs Wochen versuchen Saudi-Arabien und mehrere mit ihm verbündete Staaten, die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen mit Luftangriffen zurückzudrängen. Erfolgreich sind sie damit bislang kaum. Die schiitischen Huthis kontrollieren nach wie vor einen großen Teil des Jemen.

Am Sonntag ging bei den Luftangriffen der Kontakt zu einem marokkanischen Kampfflugzeug verloren. Die F-16, die die von Saudi-Arabien angeführte Militärallianz unterstützt habe, werde vermisst, teilte das marokkanische Militär mit. Marokko ist an dem Einsatz seit dessen Beginn am 26. März beteiligt. Seine Kampfflugzeuge sind in den Vereinigten Arabischen Emiraten stationiert. Die Huthis zeigten am Montag ein Video, das den Kampfjet zeigen soll. Das Flugzeug sei in der Provinz Saada abgeschossen worden, hieß es im den Rebellen nahestehenden TV-Sender Al-Masira.

Am Sonntag hatten die Huthi-Rebellen einer fünftägigen Feuerpause zugestimmt, damit Hilfsgüter in das Land gebracht werden können.

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Iran: Saudis wollen Atomabkommen sabotieren

(Bildquelle: dtj)

Der iranische Vizeaußenminister bezichtigt Saudi Arabien der Sabotage des Abkommens mit den USA. Das iranisch-amerikanische Atomabkommen könnte indirekt zu einer Machtverschiebung im Nahen Osten beitragen.

Der Iran hat Saudi-Arabien vorgeworfen, das geplante Atomabkommen sabotieren zu wollen. Außer dem US-Kongress und Israel wolle auch Saudi-Arabien das Abkommen verhindern, sagte Vizeaußenminister Abbas Araghchi nach Angaben der Nachrichtenagentur ISNA am Montag.

Der Iran, die fünf UN-Vetomächte sowie Deutschland (5+1) wollen den Vertragstext bis Ende Juni aushandeln und damit den zwölf Jahre langen Atomstreit beilegen. Der Westen will ausschließen, dass der Iran unter dem Deckmantel ziviler Forschung eine Atombombe baut. Teheran verlangt im Gegenzug, dass die lähmenden Wirtschaftssanktionen aufgehoben werden.

Araghchi hält den Zeitplan bis Ende Juni trotz bestehender Differenzen und Lücken im Vertragstext weiter für realistisch. Zeitintensiv seien insbesondere die Übersetzungen des juristisch sensiblen Textes vom Englischen ins Persische.

Regionalpolitische Auswirkungen: Machtverschiebung im Nahen Osten möglich

Die politischen Spannungen zwischen dem beiden Ländern verschärfen sich im Moment dadurch, dass sich die Türkei und Saudi-Arabien nach jahrelanger Uneinigkeit über die Rolle der Muslimbruderschaft auf ein gemeinsames Vorgehen in Syrien geeinigt haben. Damit haben sich zwei der Staaten mit regionalem Führungsanspruch gegen die dritte Regionalmacht zusammengeschlossen, was mittelfristig zu einer Verschiebung der Machtbalance im Nahen Osten führen könnte.

Die mit dem Atomdeal einhergehende Entspannung des iranisch-amerikanischen Verhältnisses wird zusammen mit dem Bedeutungsverlust der Muslimbruderschaft als Hauptgrund dafür gesehen, dass sich Saudi Arabien und die Türkei letztendlich doch auf eine regionale Zusammenarbeit einigen konnten. Nachdem die Muslimbruderschaft, die von Saudi Arabien als Bedrohung für den eigenen Machtanspruch gesehen wurde, mehr und mehr an Bedeutung verliert, liegt der Fokus nun auf der Eindämmung des regionalen Hauptrivalen Iran.

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